Ambient + Kirche

Beitrag: Sebastian Weiler

Es war soweit: Mein erstes Ambient-Konzert stand an, und ich hatte keine wirkliche Ahnung von dem, was da auf mich zukommen sollte. Namen wie Poppy Ackroyd, 0 (Zero) oder Max Würden waren mir fremd. Nur meine Frau, mein lieber ambienterfahrener Freund Harald und die Ahnung, dass es um eine Variante der elektronischen Musik, bei der sphärische, sanfte, langgezogene und warme Klänge dominieren sollten begleitete mich auf dem Weg in die Kölner St. Aposteln Kirche.

Nicht nur wir, auch andere Menschen jeglicher Altersstufe und Couleur fanden sich zu dem Spektakel ein. Ich nehme mal an, dass das einerseits Freunde der elektronischen Musik, andererseits Liebhaber einer Form der modernen Klassik waren – also Ewig-Gestrige auf dem Weg in die Gegenwart und Ruhesuchende kurz vor dem Start in ein bewegtes Wochenende.

Die Kirche öffnete für den Event ihre Seitenschiffe, und man konnte es sich auf den üblichen Bänken oder auf dem mit Teppichen ausgelegten Boden rund um das Taufbecken bequem machen. Viele hatten wärmende Decken oder Schlafsäcke dabei, alles deutete darauf hin, dass wir einen angenehmen Abend verleben würden. Auch die Lichtinstallationen tauchten das Innere der Kirche in für sakrale Räume fremde aber durchaus willkommene Farbspiele. Die freudige Erwartung an den Musikgenuss stieg.

ambientkirche_eindruecke

Es begann die Formation 0 (Zero), die ich lieber nicht kennengelernt hätte, und die es beinahe geschafft hätte mich in einer Kirche zum Schreien zu bringen. Eine Komposition eines amerikanischen Komponisten für Triangel sollte mein Einstieg in die Ambient-Szene sein. Unter klangexperimentellen Gesichtspunkten bestimmt eine Bereicherung. Musikalisch fehlte es schlicht und einfach an Musik, und das über 10 Minuten lang – ting ting ting mal schnell, mal langsamer, aber immer furchtbar durchdringend, dass es schon im Ohr schmerzte. Die darauf folgenden Lieder waren dann eine Fortführung des schon Gehörten unter Zuhilfenahme von Cello, Gitarre und elektronischem „Gewaber“. Als das dann glücklicherweise nach 50 Minuten endete, war es vielen Besuchern daran gelegen, die Räumlichkeiten schnell und ohne Wiederkehr zu verlassen.

Wir hielten uns tapfer und das war unser Glück. Ab jetzt begann der versöhnliche Teil der Veranstaltung. Sehr angenehm und tatsächlich auch mit Rhythmus startete die Engländerin Poppy Ackroyd ihren Auftritt – Entschädigung pur! Eine sich sichtlich wohl fühlende Pianistin/Geigerin spielte eine Mischung aus zeitgenössischer elektronischer Musik und klassischer Klaviermusik mit leicht lieblichen aber nie zu kitschigen Elementen. Es fiel nicht schwer, sich auf die Musik einzulassen.

Der letzte Interpret im Reigen, Max Würden aus Köln, arbeitete dann so, wie ich mir Ambient im Vorfeld vorgestellt hatte. Mit zahlreichern organischen Samples, atmosphärischen Fieldrecordnings erschuf er intensive, weite Klanglandschaften mit komplexen, treibenden Rhythmen. Ein schöner Abschluss für einen dann doch gelungenen Abend.

Es sieht so aus, als würde ich im nächsten Jahr nochmal in die Kirche gehen…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert